Zu Tisch, zu Tisch, heut gibt es Türkisch

Will ich türkisch kochen, benötige ich erst mal ein paar Dinge, die es in meinem Dorfladen nicht zu kaufen gibt: Pul-Biber (rote Chiliflocken), Sumach, Bulgur, Bibersalsa, Tomatensalsa etc. Für mich ist das Kochbuch Cüisine von Elif Oskan Anlass genug, wieder einmal in jene Schweizer Stadt zu fahren, wo sich das Geschäft des «Türken meines Vertrauens» befindet. Hier riecht es anders, als in heimischen Läden, hier sind die Dinge in einer Sprache angeschrieben, die ich nicht verstehe, hier sind eigentlich alle Kunden türkischstämmig. Der Laden könnte genausogut in Istanbul, Izmir oder Edirne stehen. Oder anders gesagt: Hier bin ich fremd und muss mich durchfragen. Eigentlich ist die eineinhalbstündige Stadtfahrt nur aus Einkaufsgründen ziemlich verrückt, aber sie weckt auch schöne Reiseerinnerungen. 

Denke ich an Istanbul, so denke ich auch an die feinen Simit, die es an jeder Strassenecke zu kaufen gibt, am liebsten genossen mit einem süssen Schwarztee aus dem typischen Glas. Umso mehr freut es mich, dass Elif Oskan in ihrem Rezeptbuch Cüisine für beides ein Rezept notiert hat. 

«Das ist das beste Brot, das ich in meinem ganzen Leben gegessen habe», sagt mein 12jähriges Grosskind. Soviel zu Elifs Simit-Rezept. Die Köchin ist in der Schweiz aufgewachsen und kocht mit Erfolg in ihrem Restaurant Gül in Zürich.

Auch andere Rezepte aus Oskans türkischer Küche habe ich an meinen Kindern, Grosskindern und sogar an ihrer Ur-Oma ausprobiert. Bulgurknödel (Içli Köfte), beispielsweise. Die Hackfleischfüllung dafür ist zwar wahnsinnig butterig, aber auch wahnsinnig köstlich. Dummerweise habe ich das Tutorial fürs Knödelformen, das sich einfach herunterladen lässt, nicht angeschaut. Die Folge davon: zu wenig Füllung in den Knödeln. Was wiederum dazu führte, dass ich ziemlich viel Farce übrig hatte. Damit befüllte ich grosszügig Spitzpaprika und schob sie in den Ofen. Meine Esser und sogar die Ur-Oma waren begeistert. Auch die Ekmek (Fladenbrote) fanden reissenden Absatz. Zusammen mit dem Tante Songüls Auberginengratin ein Hit. Unbedingt dazumachen: Elifs leicht zitronige Joghurtsauce. Ein Klassiker, der einfach immer passt.

Cüisine ist aber gleichfalls ein Buch fürs Auge und eine Hommage an die Ursprungsheimat von Oskans Familie . Augenzwinkernd der Titel, und neckisch das lila Zottelchen, das aus dem Buchrücken hängt. Im Inneren wunderschöne Bilder aus der Türkei: Simitverkäufer, Sesamfelder, typische Büfes, Bilder der Familie Oskan und appetitlich angerichtete Speisen. Elif Oskan erzählt auch einiges von sich zu den einzelnen Rezepten: von wem sie stammen und was dazu passt. 

Zu den Rezepten bleibt zu sagen:

1. Vorsicht mit den Angaben zu Pul-Biber – Elif Oskan mag es offenbar scharf, jedenfalls bedeutend mehr als ich. 

2. Es lohnt sich auf jeden Fall, die Tutorial-Videos anzuschauen, es sei denn, man habe das Kochen bei einer türkischen Mama gelernt. 

3. Wer an der Butter sparen will, ist bei diesen Rezepten an der falschen Adresse.

4. Zwiebeln werden in rauen Mengen geschält und gehackt: Es werden viele Tränen vergossen.

5. Die Mengenangaben sind insgesamt grosszügig berechnet (6 Personen werden gut satt). In der Türkei sollte keiner hungrig vom Tisch gehen. Sollte es Reste geben, so werden sie am kommenden Tag wiederverwertet.

Autorin: Elif Oskan

Titel: Cüisine, Türkische Küche

Verlag: at-Verlag, 2023, gebunden, 238 Seiten

ISBN 978-3-03902-182-6, 42.­– Euro/44.­– Franken

Kurz zusammengefasst: Die Türkei von ihrer schmackhaftesten Seite. 60 Rezepte, vieles davon fleischlos, viele bekannte Klassiker wie Kebab oder Mutter-Tochter-Suppe, Pide neu interpretiert.

Für wen: Für alle, die eine Möglichkeit suchen, ganz ohne schlechtes Gewissen (ökologischer Fussabdruck, politische Bedenken usw.) in die Türkei zu reisen. 

Vielleicht die sinnlichsten Seiten der islamischen Welt

Der Aarauer at-Verlag überrascht mich immer wieder mit besonders schönen, prächtig durchgestalteten, durchdachten Kochbüchern. Heute liegen zwei Kilo gebundenes Papier in einem blau-golden-türkis gemusterten Einband vor mir. Der Titel des Werks: Das Leben ein Fest.

Dieses Kochbuch ist ein veritables Schwergewicht – und wenn ihr euch durch die über 500 Seiten und mehr als 300 Rezepte durchgekocht habt, garantiere ich, was euer Gewicht anbelangt, für nichts. Ich selber bin bereits im ersten Kapitel begeistert hängengeblieben, denn dort geht es um nicht weniger als um Aysch, das Leben. Aysch, so erfahre ich im Begleittext, heisst das ägyptische Pitabrot. Brot als Leben, Brot als Fest: Davon bietet mir dieses Buch zahlreiche Varianten. Ich habe köstliche Fladenbrote gebacken, mich an Schichtbroten und Naan versucht und gestaunt, was mit ein paar wenigen Grundzutaten und einigen Variablen in den Backstuben von Afrika bis China so alles angestellt wird. Manches davon, wie das gemusterte usbekische Fladenbrot, scheint fast zu schade um aufgegessen zu werden.

Das Leben ein Fest scheint mir der passende Titel für dieses Wunderwerk mit dem Untertitel Das Kochbuch der islamischen Welt. Unterteilt ist es in sieben Küchenthemen: Brot, Tier, Getreide und Hülsenfrüchte, Meer, Gewürze, Gemüse und süsse Leckereien, zu denen sich auch noch Getränke gesellen. So ganz nebenbei erfährt man einiges darüber, zu welchen Anlässen die entsprechenden Gerichte vorzugsweise serviert werden.

Die Verfasserin des Werks ist Anissa Helou. Sie lebt in London, hat aber libanesische und syrische Wurzeln. Für mich gehört die libanesische Küche zu den besten der Welt. Doch gute Rezepte sind an vielen Orten zu finden. Deshalb schaut sich Anissa Helou in allen islamischen Ländern und deren Küchen um. Die kulinarische Reise geht von Afrika über die Türkei und seine Nachbarländer bis nach Indien und Asien. 

Ergänzt wird die umfassende Rezeptesammlung mit Texten zu den unterschiedlichen Verfahrensweisen und Namen der Gerichte, ebenso wie mit Informationen zu Festen oder lokalen Eigenheiten. Selbst eine Landkarte ist zu finden. Die Herstellung der Köstlichkeiten ist minutiös angegeben. Es kann also nichts schiefgehen.

Titel: Das Leben ein Fest, Das Kochbuch der islamischen Welt,  543 Seiten, gebunden

Autorin: Anissa Helou

Verlag: at Verlag, 2020

ISBN 978-3-03902-064-5, Fr. 58.–/Euro 48.–

Kurzbeschrieb/-bewertung: Tausend und eine Nacht  in der Küche mit Rezepten, die auf jeden Fall gelingen. Eine köstliche Weltreise von Afrika über den Orient bis ins tiefste Asien.

Für wen: Für alle, die gerade eine Reise nicht antreten können, sich aber den Duft der weiten Welt ins Haus holen wollen. Oder ein Weihnachtsgeschenk für Menschen, die noch alle Sinne beieinander haben.