Wenn einen beim Backen das heidelbeerblaue Glück überwältigt


Schön gestaltete Bücher lösen in mir eine närrische Freude aus. Und jetzt liegt vor mir ein Kochbuch, das mich geradezu in Verzückung bringt. Immer wieder löse ich den Schutzumschlag und staune über die schönen Fotos, die den Einband und selbst das Innere des Schutzumschlags zieren. Wo auf das Äussere eines Buches so viel Wert gelegt wird, kann der Inhalt eigentlich nur grossartig sein.

Das Buch heisst Apfelduft & Heidelbeerblau. Die Text- und Rezeptautorin ist die schwedische Konditorin My Feldt. Die filigranen Zeichnungen mit Naturthemen, die locker über die Seiten gestreut sind, stammen von My Feldt, ebenso die Texte, welche die Rezeptsammlung thematisch verbinden. Es ist ein kulinarischer Spaziergang durch das Jahr in Schweden, sinnlich, sensibel, voller Erinnerungen an Waldspaziergänge, Küchendüfte, Kindheitserlebnisse, Menschen. Linda Lomelino, selber Rezeptautorin und erfolgreiche Bloggerin, liefert die Fotos zum Buch. Das Duo Feldt/Lomelino hat damit nicht nur eine Sammlung köstlicher schwedischer Backrezepte geschaffen, sondern ein Gesamtkunstwerk, das man eigentlich nur mit dem Wort wunderbar beschreiben kann.

My Feldt gehört in Schweden zu den bekannten Konditorinnen/Köchinnen. Sie betreibt in Halmstad eine Bäckerei mit Café, wurde mit dem schwedischen Gastronomiepreis ausgezeichnet und hat ihre eigene Fernsehshow. In ihrem Buch Apfelduft & Heidelbeerblau hat sie vor allem Backrezepte zusammengetragen, aber es finden sich gleichfalls Anleitungen für Aufstriche, Säfte, Drops, Sorbets und Sirupe. 

Wenn My Feldt durch die Wiesen und Wälder ihrer Heimat streift, kommt sie gerne mit einem Kratten voll Beeren, Blumen, Früchten nach Hause. Im Frühling fabriziert sie Fliedersirup, im Sommer Himbeercrumble, im Herbst Apfel-Mandel-Kuchen mit Zimt und im Winter, wenn draussen Stille eingekehrt ist und die Erntesaison vorbei ist, karamelisiert sie Nüsse. Eine Versuchung für alle Backlustigen dürften die diversen Rezepte für Schnecken sein: Heidelbeer-, Mohn-Vanille-, Zimt- oder Vanille-Apfelschnecken, beim Anblick solcher Köstlichkeiten läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Die Rezepte verlangen jedoch etwas Geduld, denn My Feldt stellt vom Apfelmus bis zur Vanillecreme alles selber her. Im übrigen ist Feldts Vanillecreme eine Wucht, die Versuchung ist gross, die Finger hineinzutauchen und sie einfach so zu schlecken.

Vor allem angetan hat es mir der Abschnitt „Wenn der Wahnsinn im Heidelbeerdickicht die Vernunft besiegt“. Diese Art Wahnsinn ist mir wohlbekannt. Wie herrlich, inmitten von Beerenstauden zu sitzen, den Geräuschen des Waldes zu lauschen, den Stimmen der Kinder, währenddessen sich die mitgebrachten Eimer füllen, die Finger blau werden und irgendwann der Rücken zu reklamieren beginnt. Und was für ein tolles Gefühl, im Winter eine Schale der Beeren aus dem Gefrierschrank zu nehmen und eines von Feldts Heidelbeerrezepten auszuprobieren. Vom Heidelbeercrumble (Himbeeren lassen sich gut durch Heidelbeeren ersetzen) samt Vanillecreme bleiben bestimmt keine Resten übrig.

Titel: Apfelduft & Heidelbeerblau, Backen mit Früchten, Beeren, Blüten, 278 Seiten

Autorin: My Feldt, mit Fotos von Linda Lomelino

Verlag: at-verlag Aarau, 2019, www.at-verlag.ch

ISBN 978-3-03800-536-0, Fr. 36,90/Euro 29,00 

Kurzbewertung: Ein Buch, das sich in jeder Kochbuchsammlung ausnehmend gut macht und in welchem man allein seiner Gestaltung wegen gerne blättert. 

Für wen: Auf jeden Fall ein phantastisches Geschenk für alle, die gerne backen. Man darf es sich auch selber schenken.

Prinzen und Prinzessinnen: Ran an die Torte!

Vor mir liegen zwei Kochbücher: Das Prinzessinnen-Backbuch von Katharina Felbermeir und das zweite Kochbuch aus dem at-Verlag von „Prinz Claudio“ (Claudio del Principe) unter dem Titel al forno (siehe auch meinen blog-Beitrag “Feinschmöckereien“ vom 1. Juli 2018).

Al forno steht unter dem Motto “Alles aus dem Ofen, unkompliziert, überraschend, unwiderstehlich gut“. Der leidenschaftliche Küchenprinz aus Basel hat Backofen-Rezepte für Snacks, Vorspeisen, Gemüse-, Fleisch- und Fischgerichte sowie Backwaren in seinem neuen Werk versammelt, manches davon ungewöhnlich, anderes gerade in seiner Einfachheit etwas Besonderes. Del Principe schaut gerne über den Tellerrand in italienische, französische, schweizerische und türkische Küchen.

Das Prinzessinnen-Backbuch widmet sich gänzlich den süssen Seiten der Tafel. Hier findet sich das kleine Stück vom Glück ebenso wie Festtagsgebäck mit Krönchen und Galarobe für den ganz grossen Auftritt. Backtipps der Autorin, einfache, aber wirkungsvolle Dekovorschläge, Ratschläge für das richtige Werkzeug (das man auch mal im Baumarkt findet) und Getränkerezepte runden das liebevoll gestaltete lila-goldene Werk ab.

In einem Punkt sind sich die Backofenfans Felbermeir und Principe einig: Aus einer hundskommunen Rüeblitorte lässt sich noch einiges herausholen. Katharina Felbermeier versieht ihr Backwerk „Rüeblitorte de luxe“ mit einem Rand aus Mandelblättchen, obenauf kommt ein Topping aus Mascarpone und Doppelrahmfrischkäse, dann wird die Torte mit Sahnehäubchen, Beeren und Pistazien verziert. Ein Karottentraum sozusagen.

Claudio del Principe wiederum röstet die Karotten seiner „Radikalen Rüeblitorte“ für ein dichteres Aroma, verwendet nix anderes als Piemonteser Haselnüsse, und sein Kunstwerk hat als Grundlage einen Japonaisboden. Die Dekoration besteht nicht aus drögen Marzipanrüebli, Gott bewahre, sondern aus einer Karottencreme, garniert mit Dill.

Lustigerweise lässt sich in beiden doch so unterschiedlichen Koch-, beziehungsweise Backbüchern auch ein Rezept für Bratäpfel finden: Bei Claudio del Principe schlicht ohne jedes Beiwerk gebacken, dafür mit abwechselnden Zutaten serviert. Bei seiner küchenprinzesslichen Kollegin aus Bayern werden die Früchte mit Nougat und allerhand anderen köstlichen Zutaten in den Ofen geschoben.

Wovon beide Bäcker aber immer wieder schreiben: Wer etwas Gutes aus dem Ofen holen will, muss mit Liebe dabei sein und qualitativ einwandfreie Zutaten verwenden.

Das Prinzessinnen-Backbuch wird wahrscheinlich in seiner lila Aufmachung hauptsächlich Frauen mit Hang zum perfekten Auftritt ansprechen, wobei Felbermeir immer wieder betont, dass gerade die kleinen Unperfektheiten das i-Tüpfelchen ihrer Kunstwerke ausmachten. Felbermeir hat auch für Anfängerinnen Rezepte eingestreut, die durchaus mit einem guten Resultat rechnen lassen. Beispielsweise den Cinderella-Gugelhupf, Schneewittchen-Brownies oder Königliches Hüftgold. Und mit den gehaltvollen Schneeflöckchen-Trüffeln beglücke ich jemanden, der noch nicht zuviel Gold auf den Hüften hat und jede Menge Sport treibt.

Claudio del Principe hat zwar in al forno auch ein paar süsse Rezepte dabei, widmet sich aber ausgiebig fleischlichen und anderen salzigen Genüssen. Schweinebauch, Innereien, Ofenschinken, Beef Wellington etc: In diesem Buch kommen Fleischliebhaber bestimmt auf ihre Rechnung. Mir stand bei meinen Versuchen der Sinn eher nach anderem: Wunderbar fluffig wurde das türkische Fladenbrot, die Crespelle al forno und der Auberginenauflauf waren gleichfalls ein Genuss, der nach mehr schreit.

Bei Del Principe sollte man immer die Rezepte erst gut durchlesen und mehr Zeit einrechnen, als man auf den ersten Blick denkt. (Lieber Claudio del Principe: Es wäre wirklich hilfreich, wenn du bei deinen Rezepten ungefähre Gesamt-Zeitangaben vermerken könntest! Ich mag es nicht, wenn meine Familie sehnsuchtsvoll vor dem Backofen steht und die Frage dazu lautet: Wie lange dauert das noch? Wenn der Magen knurrt, sehen meine Prinzessinnen und Prinzen gerne mal rot statt rosa.)

 

Titel: al forno, alles aus dem Ofen, gebunden

Autor: Claudio del Principe

Verlag: at Verlag 2018, www.at-verlag.ch

Fr. 39.90/Euro 34.­–, ISBN 978-3-03800-070-9

Kurzbewertung: mmmh! Buch in Aufmachung und Stil gleich wie a casa.

Für wen: Unbedingt verschenken und dann auf eine Einladung hoffen! Für Gekrönte am Herd und solche, die es werden wollen.

 

Titel: Das Prinzessinnen-Backbuch, gebunden

Autorin: Katharina Felbermeir

Verlag: BLV München, 2018, http://www.blvverlag.de

Fr. 29.90/Euro 26.90, ISBN 978-3-8354-1850-9

Kurzbewertung: Einfache bis aufwendige, aber immer wunderhübsche Gebäck-Kreationen, die auf jede königliche Tafel passen. Sortiert nach den Themen Kleingebäck, Torten, winterliche Genüsse. Hilfreich sind die Tipps zu Dekorationen und Materialien. Hübsch aufgemachtes, aber küchentaugliches Buch.

Für wen: Unbedingt verschenken und dann auf eine Einladung hoffen! An alle, die selbst nach einem kleinen Misserfolg in der Küche ihr Krönchen zurechtrücken und weitermachen.