Zu Tisch, zu Tisch, heut gibt es Türkisch

Will ich türkisch kochen, benötige ich erst mal ein paar Dinge, die es in meinem Dorfladen nicht zu kaufen gibt: Pul-Biber (rote Chiliflocken), Sumach, Bulgur, Bibersalsa, Tomatensalsa etc. Für mich ist das Kochbuch Cüisine von Elif Oskan Anlass genug, wieder einmal in jene Schweizer Stadt zu fahren, wo sich das Geschäft des «Türken meines Vertrauens» befindet. Hier riecht es anders, als in heimischen Läden, hier sind die Dinge in einer Sprache angeschrieben, die ich nicht verstehe, hier sind eigentlich alle Kunden türkischstämmig. Der Laden könnte genausogut in Istanbul, Izmir oder Edirne stehen. Oder anders gesagt: Hier bin ich fremd und muss mich durchfragen. Eigentlich ist die eineinhalbstündige Stadtfahrt nur aus Einkaufsgründen ziemlich verrückt, aber sie weckt auch schöne Reiseerinnerungen. 

Denke ich an Istanbul, so denke ich auch an die feinen Simit, die es an jeder Strassenecke zu kaufen gibt, am liebsten genossen mit einem süssen Schwarztee aus dem typischen Glas. Umso mehr freut es mich, dass Elif Oskan in ihrem Rezeptbuch Cüisine für beides ein Rezept notiert hat. 

«Das ist das beste Brot, das ich in meinem ganzen Leben gegessen habe», sagt mein 12jähriges Grosskind. Soviel zu Elifs Simit-Rezept. Die Köchin ist in der Schweiz aufgewachsen und kocht mit Erfolg in ihrem Restaurant Gül in Zürich.

Auch andere Rezepte aus Oskans türkischer Küche habe ich an meinen Kindern, Grosskindern und sogar an ihrer Ur-Oma ausprobiert. Bulgurknödel (Içli Köfte), beispielsweise. Die Hackfleischfüllung dafür ist zwar wahnsinnig butterig, aber auch wahnsinnig köstlich. Dummerweise habe ich das Tutorial fürs Knödelformen, das sich einfach herunterladen lässt, nicht angeschaut. Die Folge davon: zu wenig Füllung in den Knödeln. Was wiederum dazu führte, dass ich ziemlich viel Farce übrig hatte. Damit befüllte ich grosszügig Spitzpaprika und schob sie in den Ofen. Meine Esser und sogar die Ur-Oma waren begeistert. Auch die Ekmek (Fladenbrote) fanden reissenden Absatz. Zusammen mit dem Tante Songüls Auberginengratin ein Hit. Unbedingt dazumachen: Elifs leicht zitronige Joghurtsauce. Ein Klassiker, der einfach immer passt.

Cüisine ist aber gleichfalls ein Buch fürs Auge und eine Hommage an die Ursprungsheimat von Oskans Familie . Augenzwinkernd der Titel, und neckisch das lila Zottelchen, das aus dem Buchrücken hängt. Im Inneren wunderschöne Bilder aus der Türkei: Simitverkäufer, Sesamfelder, typische Büfes, Bilder der Familie Oskan und appetitlich angerichtete Speisen. Elif Oskan erzählt auch einiges von sich zu den einzelnen Rezepten: von wem sie stammen und was dazu passt. 

Zu den Rezepten bleibt zu sagen:

1. Vorsicht mit den Angaben zu Pul-Biber – Elif Oskan mag es offenbar scharf, jedenfalls bedeutend mehr als ich. 

2. Es lohnt sich auf jeden Fall, die Tutorial-Videos anzuschauen, es sei denn, man habe das Kochen bei einer türkischen Mama gelernt. 

3. Wer an der Butter sparen will, ist bei diesen Rezepten an der falschen Adresse.

4. Zwiebeln werden in rauen Mengen geschält und gehackt: Es werden viele Tränen vergossen.

5. Die Mengenangaben sind insgesamt grosszügig berechnet (6 Personen werden gut satt). In der Türkei sollte keiner hungrig vom Tisch gehen. Sollte es Reste geben, so werden sie am kommenden Tag wiederverwertet.

Autorin: Elif Oskan

Titel: Cüisine, Türkische Küche

Verlag: at-Verlag, 2023, gebunden, 238 Seiten

ISBN 978-3-03902-182-6, 42.­– Euro/44.­– Franken

Kurz zusammengefasst: Die Türkei von ihrer schmackhaftesten Seite. 60 Rezepte, vieles davon fleischlos, viele bekannte Klassiker wie Kebab oder Mutter-Tochter-Suppe, Pide neu interpretiert.

Für wen: Für alle, die eine Möglichkeit suchen, ganz ohne schlechtes Gewissen (ökologischer Fussabdruck, politische Bedenken usw.) in die Türkei zu reisen. 

Ist das jetzt Küchenphilosophie?

Sternekoch Heston Blumenthal stellt sich und uns bereits im Titel seines beim at-Verlag erschienenen Buchs schelmisch die Frage, ob das jetzt ein Kochbuch sei. Blumenthal besitzt ein Restaurant an bester Londoner Lage. Chefs seines Formats leiden selten an Selbstzweifeln, sonst wären sie kaum dahingelangt, wo sie sich befinden. Und nun stellt sich dieser Chef die Frage, ob das, was er uns vorlegt, ein Kochbuch sei! Interessant, dachte ich, und liess mir vom Verlag, der mir äusserst wohlgesonnen ist, den Titel Ist das ein Kochbuch, Abenteuer aus der Küche zusenden. 

Was habe ich erwartet? Rezepte natürlich, am liebsten etwas mit Raffinesse, ein paar Kochtipps vom Profi, die eine oder andere Geschichte aus der Küche eines Tausendsassas. Was ich nicht erwartet habe: Dass mir einer, der offenbar kochen kann, etwas von Quantengastronomie vorschwafelt in der Meinung, die Küche neu erfunden zu haben. Doch dazu später mehr.

Die Frage an mich lautet: Was suche ich in einem Kochbuch? Überraschende Rezepte, für deren Zubereitung ich nicht von Pontius zu Pilatus laufen muss, um alle Zutaten zu bekommen. Rezepte auch, die ich abändern kann. Rezepte die meinen Horizont dehnen; auch meine handwerklichen Fähigkeiten dürfen herausgefordert werden; mein Geschmack, meine Vorstellungsfähigkeit soll sich erweitern. 

Wenn ich Blumenthals kunstvoll typographisch gestaltetes Buch durchblättere, so finde ich hauptsächlich schlichte Rezepte: Sandwiches, Dips, sogar Käsenudeln tischt mir der Sternekoch auf. Nun habe ich nichts dagegen, Klassiker nach einem Sternekochrezept auszuprobieren. Aber ehrlich: Käsenudeln, Fish and Chips und Salatsaucen, Bratkartoffeln, Yorkshire Pudding, Omeletten!

Alles gut und fein, aber doch eher für Leute, die sich erstmals eine Küchenschürze umbinden und dabei von einem lernen wollen, der kochen kann. Daran ist nichts falsch. 

Pastillen und Grillen

Doch dann hält Blumenthals Buch auch Überraschendes bereit: Randenpastillen zum Beispiel, die nach Johannisbeere schmecken. Panna Cotta mit Hanf und ein Dessert aus Sherryessig. Grillen! 

Grillen gehören für mich eher in Gedichte als in Gerichte. Ich halte aus der Küche alles fern, was nach Maden und Insekten aussieht, da können sie noch so nussig schmecken. In der Hinsicht wird sich bei mir nicht mehr ändern. Wer aber gerne solche Sachen ausprobiert, findet bei Blumenthal einige Rezepte von Brühen bis Kecksen. Der Koch scheint auch ein Fan von Fermentation zu sein. Meine Experimente in dieser Richtung resultierten bis jetzt in zu salzigen Radieschen und höllischem Kimchi. Daran trifft Blumenthal nun wirklich keine Schuld. Mein Rat ist einfach: Wenn Sie in Fermentationsexperimente einsteigen, seien sie misstrauisch bei den Salz- und Chiliangaben ihrer Rezepte!

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Ist das jetzt Philosophie, ein Quantensprung oder einfach nur hochgestochenes Geplapper?

Blumenthal widmet dem Thema Raita/Tsaziki ein Kapitel seines Buchs. Ich bin ein Fan von Joghurtdips und -salaten. Kennen und lieben gelernt habe ich diese erfrischende Art der Joghurtzubereitung vor Jahrzehnten bei einer aus Persien stammenden Freundin; ich weiss aber nicht mehr, wie ihr Salat, für den sie Gurke und Pfefferminze ins verdicktes Joghurt schnippelte, auf Farsi genannt wurde. Mittlerweile stelle ich Joghurtsaucen in diversen Abwandlungen her, momentan ist mein liebster Dip einer mit Knoblauch und Estragon. Rezepte findet man zur Genüge, die erfrischenden Saucen/Salate sind von Griechenland bis weit in den Osten beliebt, und werden gerne eingesetzt, um die Schärfe einiger Gerichte abzumildern. Soweit so gut. Ich ärgere mich aber, wenn jetzt ein Sternekoch kommt, um «Raiziki» zuzubereiten und mir was von Quantenrezept erzählt.

Quantenküche? Laut Blumenthal soll das in etwa beschreiben, was in einer Küche neben den Aktivitäten, die notwendig sind, um eine Speise zuzubereiten, auch noch passiert: Düfte, die Emotionen wecken, Spass am Werken und die Lust, Zutaten so zu verändern und zu kombinieren, dass etwas Neues entsteht, Erinnerungen, die dabei auftauchen, Gedanken und Phantasien, die damit einhergehen. So neu ist daran nichts. Es ist im Gegenteil genau das, was Menschen immer noch dazu bringt, ihre Kochkünste zu erweitern.

Es wird gesagt, Blumenthal habe die Küche auf eine neues Level gehoben, er wird sogar als „bester Koch der Welt“ bezeichnet. Er hat Auszeichnungen erhalten, unter anderem ist er berechtigt, ein Wappen zu führen. Ob er diese Ehre dafür bekommen hat, was er an Küchenphilosophie so von sich gibt, ist fraglich. Unter der Bezeichnung Quantengastronomie spricht er von der Freiheit, in der Küche zu experimentieren, Rezepte mal so, mal so abzuändern, der Lust und der Laune zu vertrauen. Nun, wenn man dafür in England geehrt wird, dann sollte ich mir doch schnell mal meinen Adelstitel dort abholen, denn ich mache seit Jahrzehnten nichts anderes. Ich tue dies zusammen mit Millionen Köchinnen und Köchen: einfach so, weil es Spass macht und unendliche Möglichkeiten bietet. 

Ich habe dann bei Blumenthal doch noch etwas nachkochen wollen und mich für das Chicken Tikka Kebab entschieden. Das Hühnchen wird einen Tag lang in verdicktem, gewürztem Joghurt mariniert und kommt dann unter den Grill. Resultat: Geschmacksintensiv und wunderbar saftig. Eine bodenständige, nach Indiens Märkten duftende Mahlzeit. 

Autor: Heston Blumenthal, Illustrationen Dave McKean, Fotos Haarala Hamilton

Titel: Ist das ein Kochbuch?, Abenteuer aus der Küche

Verlag: at-Verlag, 2023, gebunden, 366 Seiten

ISBN 978-3-03902-191-8, 43.­– Euro/44.­– Franken

Kurz zusammengefasst: Neuartig, kunstvoll gestaltetes Kochbuch mit zahlreichen Grundrezepten, Basisinformationen und Tipps. Ein paar Experimente für Wagemutige sind auch dabei.

Für wen: Für Neulinge in der Küche, die es ohne lange Umwege auf Sternekücheniveau bringen wollen. (Das sollen sie ruhig mal probieren!)

33 Shades of Süssgebäck

Es gibt in meinem Kochbuchgestell ein Buch, das genau so aussieht, wie nur heissgeliebte Kochbücher aussehen können: Judith Erdins Dein bestes Brot. Zu diesem Kochbuchhit hat der at-Verlag nun einen neuen Band dazugestellt, von dem ich befürchte, dass er in Kürze klebrig, fleckig und verklebt daherkommen wird: Dein bestes Süssgebäck von derselben Autorin. 

Das System ist dasselbe wie beim Brotbackbuch. Eine Teigsorte – mehrere Varianten. Wichtig dabei: Teig und Füllung werden selbst hergestellt. Erdin hält wie ich wenig von Fertigfabrikaten. Das gilt auch für Blätterteig oder Strudelteig. Und wer gerade vor Schreck zusammengezuckt ist, sollte sich schnell wieder fassen. So ein Blätterteig ist keine Hexerei. Das einzige, was es braucht, ist ein wenig Zeitplanung. Das Ergebnis lohnt sich auf jeden Fall. Die Mandelgipfel, die ich mit selbst gemachtem Blätterteig fabriziert hatte, sind auf jeden Fall im Hui unter Ahs und Ohs verschwunden und auch der Zwetschgenstrudel, den ich gestern unseren „Testessern“ serviert habe, hat allen köstlich gemundet. Die Rosinenbrötchen, die überraschenderweise mit etwas Mazipanmasse verfeinert werden, gehören zur Zeit zu meinem liebsten Sonntags-Frühstücksgebäck. Ich habe sie ­– ich war so frei, das Rezept der Autorin abzuändern – mit selbst gemachtem Orangeat ergänzt. Grossartig!

An Judith Erdins Backbüchern finde ich immer den von Bildern unterstützten Theorieteil besonders spannend. Es ist für Laien hilfreich zu sehen, wie gelernte Bäcker vorgehen, sei es beim Ausziehen eines Strudelteiges oder beim Formen diverser wunderschöner Gebäckteile, wie zum Beispiel eines Franzbrötchens. Zusätzlich hat Erdin in diesem Backbuch immer eine simple vegane Abänderung für alle 33 vorgestellten Rezepte, was das Backbuch auch für eingeschworene Veganer attraktiv macht. 

Autorin: Judith Erdin

Titel: Dein bestes Süssgebäck, klassisch und vegan

Verlag: at-Verlag, 2022, gebunden, 223 Seiten

ISBN 978-3-03902-156-7, 34.­– Euro/37.­– Franken

Kurz zusammengefasst: Süsse Verführung in 33 Variationen. Plunder-, Hefe-, Strudel, Blätter-, Berliner- und Donutteiggebäcke zum Niederknien. Und ebenso gut oder besser als vom Bäcker.

Für wen: Dieses Buch sollte man verschenken und sich dann des öfteren bei der oder dem Beschenkten einladen lassen. Selber backen macht aber definitiv auch Spass!

Fenstertest bestanden

Mein Brot back ich gerne selber. Die Vorstellung, dass in einem Brot noch andere „Zutaten“ sind als Mehl, Wasser, Hefe, Salz – Aromazutaten wie Oliven & Co. ausgenommen – ist mir ein Gräuel. Da halte ich es wie die Bayern mit ihrem Bierreinheitsgebot. Brot soll schmecken wie anno dazumal, als ich als Erstgix die Kellertreppe zu einer winzigen Bäckerei hinunterstieg, von wo ein himmlischer Geruch herkam und ein kleiner, alter Mann Wecken aus dem Ofen zog.

Ein Haushaltbackofen ist kein Profigerät. Deshalb ist das mit dem Zu-Hause-Brot-Selberbacken so eine Sache. Das Ergebnis ist oft nicht so chüschtig wie beabsichtigt und die Krume auch nicht ganz so locker, wie in der Vorstellung. Judith Erdin, die in ihrem Erstberuf Bäckerin gelernt hat, ist der Sache auf den Grund gegangen. Sie hat mit ihren Rezepten so lange getüftelt, bis das Ergebnis ihren Ansprüchen genügte. Mit ihren Rezepten lässt sie uns aber nicht allein. Mindestens so hilfreich sind ihre Tipps, worauf beim Kneten, Formen und der Teiggare zu achten ist. Bis anhin hatte ich noch nie vom Fenstertest gehört. Jetzt aber kommt mir kein Brotteig mehr zum Einsatz, der diesen nicht besteht (Roggen ausgenommen). 

Liebe Judith Erdin, ich bin heute Nachmittag in der Küche gestanden, habe mit klebrigen Fingern Wurzelbrotteig verarbeitet, habe fleissig den Fenstertest gemacht, habe Ruchbrot und Zopf aus dem Ofen gezaubert, die aussehen und duften, als hätte ein Profi auf seine Allerweltsfertigmischungen verzichtet und mal wieder richtig backen wollen. Aber da liegt mein Werk und ich schaue voller Stolz auf meine Auswahl an Backwaren.

 Auf meinem Einkaufszettel steht nun „Malzextrakt“  „Teighörnchen“, „Sprühflasche“ und „Brotbackstein“. Sie sehen, ich meine es ernst. Ob es sich dabei um lebensnotwendige Artikel handelt, weiss ich nicht. Notfalls muss ich die nächsten Corona-Wochen noch ohne diese Sachen auskommen. Die ersten Erfolge, die ich auch ohne diese Hilfsmittel verzeichnen konnte, sind jedenfalls vielversprechend. 

Dies ist mein Brief, den ich der Autorin des Buches schreiben würde, würde ich ihre Adresse kennen. 

Zum Aufbau des Buches:

Erdin arbeitet mit 14 Grundrezepten, aus denen sie jeweils drei Abwandlungen zaubert. So werden aus dem Huusbrot-Grundteig beispielsweise ein Vollkornkranz oder Safranbrötchen, aus dem Kreuzbrotteig kann man ebensogut ein Oliven-Wurzelbrot  oder Sandwichbrötchen backen. Der vordere Teil des Buches ist der Backtheorie gewidmet. Es lohnt sich auf jeden Fall, diesen zu lesen und zu verinnerlichen. Das bisschen Bäckerlatein macht Spass und wird in den Backergebnissen zeigen.

Übriges ist Judith Erdin auch Bloggerin: http://www.streusel.ch

Titel: Dein bestes Brot, Backen wie ein Profi, 190 Seiten

Autorin: Judith Erdin 

Verlag:  AT Verlag, www.at-verlag.ch, Aarau 2021

ISBN 978-3-03902-104-8, Fr. 36.90/ Euro 29.90

Kurzbeschrieb/-bewertung: Knusprige Kruste, luftige Krume. So wollten Sie immer schon Brot backen. Tipps aus der Profibackstube und Rezepte, die auch im Haushaltbackofen gelingen. 

Für wen: Für alle Knet-Schwestern und Teiglinge, Knuspermäuse sowie Stück-/ Stockgarer.

Asmas kulinarische Umarmungen

Meine Schwiegermutter hat ihren Grosskindern ein Kochbuch mit ihren besten Rezepten geschenkt. Wie ich sehe, kochen diese auch gerne danach. Mein Sohn meint, von mir könne es nie ein solches Kochbuch geben, weil ich gar keine Lieblingsrezepte habe, sondern ständig Neues ausprobiere. 

Das stimmt. Ich bin einfach zu neugierig, als dass ich mich mit Knöpfli, Rösti und Co. zufriedengäbe. Aber ein paar Lieblingsrezepte habe ich schon, sie fallen mir nur sehr selten ein. Seit ich über Kochbücher schreibe, ist es mit meinem Lieblingsrezept-Gedächtnis nicht besser geworden. Ich habe aber ein paar Lieblingsküchen. Eine davon ist die indische, und damit wäre ich endlich beim Thema dieses Blogbeitrags: Asma’s indische Küche.

Asma Khan betreibt in London am Covent Garden den Darjeeling Express. Ihre Kochkunst soll – so steht es auf der Buchrückseite – „die Gäste kulinarisch umarmen und ihre Seele zum Strahlen bringen“. Das ist natürlich etwas dick aufgetragen, aber schwurbelige Buchrückseitentexte halten mich nicht vom Experimentieren in der Küche ab. Deshalb also habe ich Asma Khans Rezeptsammlung (voller Titel: Asma’s indische Küche, meine Familienrezepte aus dem Darjeeling Express) mit dem herrlichen Retro-Cover aufgeschlagen, meine Gewürzsammlung hervorgeholt und einige Runden lang gemörsert, angebraten, geköchelt und gebacken, dass man es bestimmt in der ganzen Umgebung erschnuppern konnte. Ergebnis: yamyam, mampf, mmh.

Ja, es geht auch etwas genauer. Asmas Rezepte stammen aus ganz Indien und decken dessen ganze Vielfalt ab. Sie sind gut beschrieben und mühelos nachzukochen. Hält man sich daran, ist das Ergebnis erfreulich und im Nu weggeputzt. Die Zutatenlisten sind auf den europäischen Haushalt zugeschnitten. Die Kapiteleinteilung ist nicht, wie man es vielleicht gewohnt ist, nach Speisekategorien (Fleisch, Gemüse, Brot etc.) sortiert. Für Menschen wie mich, die ein passendes Rezept für die Zutaten in ihrem Kühlschrank suchen, ist die Rezeptsuche dadurch etwas aufwendiger. Khan zieht es vor, ihr Buch in die Kapitel Für zwei, Für die Familie, Mit Freunden sowie Festliche Mahlzeiten einzuteilen und bietet auch gleich entsprechende Menüvorschläge. Es lohnt sich in jedem Fall, das Werk von vorne bis hinten durchzusehen, sich zu merken, was man kochen möchte, den Einkaufszettel danach zu verfassen und erst dann loszulegen. Es kann aber auch sein, dass man sich komplett im Text verliert, denn Asma Khan versorgt uns nicht nur mit kulinarischen Umarmungen, sondern hat auch noch zu jedem Rezept eine informative Ergänzung über den Ursprung, die Unterschiede zwischen England und Indien, lokale oder eigene Variationen verfasst. Und was mir besonders sympathisch ist: Sie hat nichts gegen Experimentierfreudigkeit und Freihandinspirationen, gibt Tipps für schnelle Küche und lässt auch dem Humor seinen Platz. So soll ihr Sohn einmal gesagt haben: „Meine Mama kocht ganz eklig.“ Und damit wäre ich wieder bei meinem Sohn, der Kreuzkümmel ganz ganz eklig findet. Unverständlich, oder?

Titel: Asma’s Indische Küche, meine Familienrezepte aus dem Darjeeling Express, 184 Seiten, gebunden

Autorin: Asma Khan

Verlag: at Verlag, 2020

ISBN 978-3-03902-087-4, Fr. 29.90/Euro 24.–

Kurzbeschrieb/-bewertung: Herrlich duftende und schmeckende Rezepte aus Indien, von einfach bis etwas aufwendiger, aber immer gut erklärt und deshalb ohne Probleme nachzukochen. Man braucht dazu auch keinen Tandoori. Ergänzt wird der sympathische Band mit Bildern, Fotografien aus Indien und Einblicken in das Leben dort.

Für wen: Für alle, bei denen es im Schrank immer Kreuzkümmel, Kurkuma, Ingwer, Chili und Bockshornklee hat.

Vielleicht die sinnlichsten Seiten der islamischen Welt

Der Aarauer at-Verlag überrascht mich immer wieder mit besonders schönen, prächtig durchgestalteten, durchdachten Kochbüchern. Heute liegen zwei Kilo gebundenes Papier in einem blau-golden-türkis gemusterten Einband vor mir. Der Titel des Werks: Das Leben ein Fest.

Dieses Kochbuch ist ein veritables Schwergewicht – und wenn ihr euch durch die über 500 Seiten und mehr als 300 Rezepte durchgekocht habt, garantiere ich, was euer Gewicht anbelangt, für nichts. Ich selber bin bereits im ersten Kapitel begeistert hängengeblieben, denn dort geht es um nicht weniger als um Aysch, das Leben. Aysch, so erfahre ich im Begleittext, heisst das ägyptische Pitabrot. Brot als Leben, Brot als Fest: Davon bietet mir dieses Buch zahlreiche Varianten. Ich habe köstliche Fladenbrote gebacken, mich an Schichtbroten und Naan versucht und gestaunt, was mit ein paar wenigen Grundzutaten und einigen Variablen in den Backstuben von Afrika bis China so alles angestellt wird. Manches davon, wie das gemusterte usbekische Fladenbrot, scheint fast zu schade um aufgegessen zu werden.

Das Leben ein Fest scheint mir der passende Titel für dieses Wunderwerk mit dem Untertitel Das Kochbuch der islamischen Welt. Unterteilt ist es in sieben Küchenthemen: Brot, Tier, Getreide und Hülsenfrüchte, Meer, Gewürze, Gemüse und süsse Leckereien, zu denen sich auch noch Getränke gesellen. So ganz nebenbei erfährt man einiges darüber, zu welchen Anlässen die entsprechenden Gerichte vorzugsweise serviert werden.

Die Verfasserin des Werks ist Anissa Helou. Sie lebt in London, hat aber libanesische und syrische Wurzeln. Für mich gehört die libanesische Küche zu den besten der Welt. Doch gute Rezepte sind an vielen Orten zu finden. Deshalb schaut sich Anissa Helou in allen islamischen Ländern und deren Küchen um. Die kulinarische Reise geht von Afrika über die Türkei und seine Nachbarländer bis nach Indien und Asien. 

Ergänzt wird die umfassende Rezeptesammlung mit Texten zu den unterschiedlichen Verfahrensweisen und Namen der Gerichte, ebenso wie mit Informationen zu Festen oder lokalen Eigenheiten. Selbst eine Landkarte ist zu finden. Die Herstellung der Köstlichkeiten ist minutiös angegeben. Es kann also nichts schiefgehen.

Titel: Das Leben ein Fest, Das Kochbuch der islamischen Welt,  543 Seiten, gebunden

Autorin: Anissa Helou

Verlag: at Verlag, 2020

ISBN 978-3-03902-064-5, Fr. 58.–/Euro 48.–

Kurzbeschrieb/-bewertung: Tausend und eine Nacht  in der Küche mit Rezepten, die auf jeden Fall gelingen. Eine köstliche Weltreise von Afrika über den Orient bis ins tiefste Asien.

Für wen: Für alle, die gerade eine Reise nicht antreten können, sich aber den Duft der weiten Welt ins Haus holen wollen. Oder ein Weihnachtsgeschenk für Menschen, die noch alle Sinne beieinander haben.

Was sucht Max Frisch in der Küche?

Es gibt Köchinnen und Köche, bei denen wird jeder Abstecher in die Küche eine Weltreise. Es gibt Leserinnen und Leser, die benötigen keinen Koffer, um die Welt zu bereisen; eine anständige Bibliothek und eine bequeme Leseecke tun es auch. Nicole Giger aber verknüpft das eine mit dem anderen und scheint dabei jede Menge Spass zu haben. In ihrem Kochbuch Ferrante, Frisch und Fenchelkraut lässt uns die Foodbloggerin daran teilhaben. Der Blog von Nicole Giger heisst übrigens „magsfrisch“. Was schon viel über ihren Witz und ihre Vorlieben aussagt. Der Name magsfrisch ist auch in ihrem Buch Programm.

Ganz ehrlich: Ferrante, Frisch und Fenchelkraut – vor dem Titel schreckte ich erst einmal zurück, Alliteration hin oder her. Zum einen bin ich kein Ferrante-Fan (huch, und das bei der allgemeinen Begeisterung rundum!), Fenchelkraut kann mich auch nicht wirklich begeistern. Zwischen diesen beiden Max Frisch einzuquetschen, kam mir ziemlich frevelhaft vor. Nun, da ich das Buch durchgelesen habe, verzeihe ich aber Autorin und Verlag grosszügig und gerne: Zu witzig sind die Abstecher in die Weltliteratur und die Reisen der Autorin, zu „aamächelig“ die Bilder, die zu den Rezepten und Geschichten gehören. An Rezepten findet sich einiges, was man eigentlich kennt, aber so à la Giger abgewandelt dann doch noch nie gegessen hat. Ausprobieren!

Titel: Ferrante, Frisch und Fenchelkraut, Ich koche mich durch die Weltliteratur, 320 Seiten

Autorin: Nicole Giger

Verlag: at-verlag, www.at-verlag.ch

ISBN 978-3-03902-007-2, Euro 29.90/Fr. 36.90

Kurzbewertung: Literatur, Koch- und Reiselust mit viel Humor garniert in einem Buch versammelt. Macht Laune. 

Für wen: Das Weihnachtsgeschenk für Leute, die gerne lesen, gedankenreisen, lachen – kochen muss man nicht unbedingt. Es ist aber wahrscheinlich, dass man beim Lesen und Blättern Hunger bekommt und dann die Pfannen zu schwingen beginnt. 

Gesund und stark wie ein indischer Elefant mit Ayurveda

Wie versprochen hier das zweite Buch, welches sich mit der ayurvedischen Küche befasst. Das letzte Mal habe ich ein Buch rezensiert, welches hauptsächlich Tridosha-Rezepte (also solche für jeden Konstitutionstyp) bietet, die sich unkompliziert in die europäischen Kochgepflogenheiten einfügen lassen. 

Dieses Mal geht es um Ayurveda für Menschen, die sich vertiefter mit dem Thema auseinandersetzen und die guten Erfahrungen, die sie mit Ayurveda gemacht haben, in ihr Leben integrieren möchten.

Das Kochbuch des Ayurveda, Selbstheilung durch die ayurvedische Küche, von Usha und Dr. Basant Lad kann als Ayurveda-Koch-Klassiker bezeichnet werden. Umfassend orientiert Dr. Lad über die Wirkung von Lebensmitteln, Kräutern, Gewürzen und Getränken auf unseren Körper. Das geht natürlich nicht, ohne die einzelnen Konstitutionstypen miteinzubeziehen, die das Ayurveda unterscheidet. Dr. Lad geht ausführlich auf die Faktoren ein, die den Stoffwechsel und damit unsere Gesundheit beeinflussen, erläutert, welche Lebensmittelkombinationen uns bekommen usw. Das mag zu Beginn wegen der unbekannten Begriffe etwas schwierig zu verstehen sein. Doch wie bei allem: Übung macht den Meister. Dr. Lad liefert auch gleich Anregungen für Menus  und einen umfassenden Einblick in die Grundausstattung einer Ayurveda-Küche mit. Steht diese  bereit, kann es losgehen mit mörsern, schnippeln und köcheln. 

Die (allesamt fleischlosen) Rezepte stammen aus dem Rezeptschatz von Usha Lad: Suppen, Kitcharis, Reisgerichte, Gemüse, Raitas, Chutneys, Brote, Süssigkeiten, Getränke, alles dabei. Etwas vermisst habe ich Angaben zu Frühstücksspeisen. Alle Rezepte im Buch sind mit einer Orientierungshilfe versehen, die darüber Auskunft geben, wie sie auf Vata, Pitta oder Kapha wirken. 

Mit dabei ist im Buch auch eine Tabelle, anhand derer sich das eigene Dosha bestimmen lässt. Mein Versuch damit hat mich mit einigen Fragezeichen stehen lassen. Also nochmals: Doshas lässt man am besten von einer Fachperson bestimmen.

Besser erging es mir mit dem Ausprobieren der Rezepte: eine aromatische Rote-Linsen-Suppe, die nach Dr. Lad gut bei Grippe und Durchfall sein soll, gab es gestern als Abendmahlzeit. Und heute Mittag Gemüse-Pakoras: köstlich, wenn auch nur mässig gut für meinen Konstitutionstyp, der zu Fettpölsterchen neigt. 

Titel: Das Kochbuch des Ayurveda, Selbstheilung durch die ayurvedische Küche, 275 Seiten, gebunden

Autor: Usha Lad und Dr. Basant Lad

Verlag: Narayana Verlag, 4. Auflage 2017, http://www.narayana-verlag.de

ISBN 978-3-95582-040-4, Fr. 30.–/Euro 29.00

Kurzbeschrieb/-bewertung: Ayurvedisch-sorgfältiges Kochen, Zufriedenheit, Gesundheit und Heilkraft der Mahlzeiten werden hier gross geschrieben. Mit Tipps zu jedem Rezept betreffend der Wirkung auf den Körper. Das Kochbuch ist wunderschön indisch gestaltet, nicht nur mit Bildern, sondern auch mit Elefäntchen, Elefanten und Elefantengottheiten sowie Blumenmusterranken.

Für wen: Für jene, die Ayurveda vertieft in ihre Mahlzeiten und ihr gesamtes Leben integrieren wollen und denen es nichts ausmacht, wenn ihre Wohnung nach Gewürzmarkt durftet.

Kochen auf Indisch geht auch entspannt

In meiner letzten Buchbesprechung ging es um das Frauenbild in Indien. Heute nun ein gleichfalls indisches Thema, aber ein rundweg Erfreuliches, nämlich die ayurvedische Küche.

Ich habe mir zwei völlig unterschiedliche Ayurveda-Kochbücher von zwei Verlagen erbeten und sie erfreulicherweise zur Besprechung erhalten. Das erste werde ich heute rezensieren, die Beschreibung des anderen wird zu einem anderen Zeitpunkt folgen.

Heute also Ayurveda-Küche für jeden Tag von Dr. Barbara Wirth.

Die Autorin verspricht nicht zuviel, wenn es im Titel weiter heisst: Ayurveda goes West: 110 einfache Rezepte. Tatsächlich ist Ayurveda hierzulande keine einfach umzusetzende Angelegenheit. Wer sich damit auch nur ein bisschen befasst, erkennt bald, dass es nicht nur um ein bisschen Joga und Massagen geht, sondern eine ganze Philosophie dahintersteckt, die sich aus jahrhundertealtem Wissen nährt. Wer mit Ayurveda aufwächst, wird es wohl einfacher haben, als unsereins, die wir uns bestenfalls mal eine ayurvedische Massage gönnen und uns danach wunderbar fühlen. 

Dieses Wohlgefühl gilt es beizubehalten oder zu gewinnen. Dazu gehören selbstverständlich gesunde, frische Nahrungsmittel, wie sie in der ayurvedischen Küche selbstverständlich sind, angereichert mit Kräutern und Gewürzen, die im übrigen als kleine Apotheke gelten und sehr bewusst und gezielt eingesetzt werden. 

Barbara Wirth hat in ihrem Kochbuch Ayurveda-Küche für jeden Tag Rezepte für alle Dosha-Typen zusammengestellt. Wer also über seine Dosha und -Disbalancen noch nicht Bescheid weiss, ist mit diesem Kochbuch auf der sicheren Seite. Hat man erst einmal in Sachen Ayurveda „angebissen“ und will seine Kenntnisse vertiefen, lohnt sich eine Dosha-Bestimmung durch eine Fachperson. Bis dahin kann man sich dank der einfachen Infos zum ayurvedischen Gedankengut auf den ersten Seiten des Buches den Spass machen, sich selbst einzuschätzen. Aber Achtung: Das hat dann mit einer ernsthaften Typen-Bestimmung nichts zu tun.

Das Mantra der Autorin heisst: Ayurveda geht auch entspannt und unkompliziert. Dafür bin ich ihr dankbar und bin sicher, mit mir erfreuen sich an diesem Satz noch andere. Barbara Wirth hat nämlich erkannt, dass die Umsetzung einer Philosophie aus einem fremden Kulturkreis jemand Willigen schnell an die Grenzen des Machbaren bringen kann. Die Bedingungen und Denkweisen hierzulande sind anders als in Indien. Also muss auch die Umsetzung etwas angepasst werden. Barbara Wirth wagt mit ihrem Kochbuch den Brückenschlag und passt die ayurvedische Küche europäischen Bedürfnissen und Gepflogenheiten an. Das Ergebnis möchte ich als rundum gelungen bezeichnen. 

Ich habe – bisher – nachgekocht: Aromatischer Couscous – wunderbar, aromatisch eben. Dazu gab’s Rote Bete mit Meerrettich-Joghurt – davon kann man gar nicht genug bekommen. Dasselbe gilt für die Fruchtigen Karotten mit Sesam. Alles schnell und unkompliziert zuzubereiten. Weitere Rezepte warten darauf, von mir erprobt zu werden: Hummus aus Linsen, Grüne Bohnen mit Schafskäse und Tomaten oder eine feine Fischsuppe… 

Das Buch beinhaltet unter anderem Rezepte für Frühstück, Hauptmahlzeit, Abendessen, Süssspeisen sowie Chutneys. Weiters Tipps, zum Beispiel über die Herstellung von Ghee (geklärter Butter), die im Handel erhältlich ist, aber einfach und um einiges günstiger selbst zuzubereiten ist. 

Titel: Ayurveda Küche für jeden Tag, Ayurveda goes West: 110 einfache Rezepte, kartoniert, 144 Seiten

Autorin: Dr. Barbara Wirth 

Verlag: Trias-Verlag 2018, http://www.trias-verlag.de

ISBN 978-3-432-105-482, Fr. 23.00/Euro 19.99

Kurzbeschrieb/-bewertung: Ayurveda-Küche für Menschen, die sich erst kurz mit der Ayurveda-Philosophie auseinandersetzen oder sich einen einfacheren Einstieg vorstellen. Wunderbare, aromatische und leicht umzusetzende Rezepte mit viel Gemüse und auch etwas für Fleischesser. Mit Zutaten, die in Europa leicht zu bekommen sind und gerne eingesetzt werden. Kurzum: ein Kochbuch, das einem Indiens Aromen, Gesundheitstipps und Farben im Nu auf den Teller bringt.

Für wen: Ayurveda für alle. Noch selten war gesund kochen und essen so sinnlich und bunt. 

Dreimal kulinarischer Urknall

Im Anfang war das Huhn …

… oder das Ei. Sei es wie es wolle: Beides, Huhn und Ei zählen zu den perfekten Dingen auf dieser Welt. Sagten sich die Autorinnen Martine Meier und Kathrin Fitz und machten sich daran, beiden ein Buch zum widmen. Erschienen ist Huhn und Ei im at-Verlag, der immer wieder sorgfältig gestaltete Kochbücher mit Ergänzungstexten herausgibt. Diesmal sind es weniger die Texte „aus Küche und Hühnerstall“, die das Buch zu etwas Besonderem machen, sondern vielmehr die Bilder ganz besonders schön gefiederter Hühner. Sie schauen mal keck, mal neugierig aus dem Buch heraus. Seltene Rassen sind darunter, und ehrlich, bei ihrem Anblick möchte ich mir am liebsten sofort einen Hühnerstall mit jeder Menge Freilauf für das Federvieh zulegen. Dass Hühnerhaltung auch ein verbindendes Nachbarschaftsprojekt sein kann, erzählt ein Text über einige Zürcher Stadthühner.

Ein Grossteil des Buches ist Rezepten rund um Huhn und Ei gewidmet. Dabei gilt das Augenmerk auf Qualität der Produkte, einfacher Umsetzbarkeit und – zeitgemäss – der Verwendung aller Hühnerteile. Die klassische Hühnerbrühe ist ebenso dabei, wie auch eine Hühnerlebermousse oder panierte Hahnenkämme.

Zusätzlich erfährt man einiges über Hühnerfleisch und über Eier. Was es mit den diversen Bezeichnungen von Hybridhuhn bis Suppenhuhn auf sich hat beispielsweise. Oder dass ein Mensch, könnte er Eier legen, etwa 2800 Kilokalorien für nur ein Ei verbrauchen würde. Die Produktion eines Eis sei mit einem Marathonlauf zu vergleichen, schreiben die Autorinnen. Wenn das kein Grund ist, diese weiss-gelbe Köstlichkeit und ihre gackernden Fabrikantinnen noch mehr zu schätzen und zu würdigen!

Titel: Von Huhn und Ei, Rezepte und Geschichten aus Küche und Hühnerstall, 192 Seiten, gebunden

Autorin: Martina Meier, Kathrin Fritz

Verlag: at-verlag, 2019, http://www.at-verlag.ch

ISBN 978-3-03902-008-9, Fr. 39.90/Euro 34.00

Kurzbeschrieb/-bewertung: Infos zu Hühnern, Hühnereiern, Aufzucht und Haltung, gepaart mit unkomplizierten Rezepten von A wie Arabische Joghurtsuppe bis Z wie Zabaione. Optische Highlights sind die Hühnerfotos und die Beschreibung der jeweiligen Hühnerrasse. 

Für wen: Wer das ultimative Huhn für sich noch nicht gefunden hat: Hier werden Sie fündig.

Im Anfang war die Bouillon…

… dürfte das Credo von Küchenchef William Ledeuil sein. Er liefert in seinem Buch mit dem schlichten Titel Bouillon gleich sieben Grundrezepte und zusätzlich neun Bouillon-Essenzen. Denn: „Die Bouillon bildet die Grundlage der Küche.“

Wenn ich daran denke, dass jahrelang für mich der Suppenwürfel der Inbegriff von Bouillon war. Niemals wäre meine Mutter und demzufolge auch ich auf die Idee gekommen, selber Bouillon herzustellen, wo es doch Maggi & Knorr gab. Ich muss ziemlich blöde aus der Wäsche geschaut haben, als mir erstmals eine Bekannte erzählte, dass sie ihre Wochenenden mit Suppenkochen verbringt, äh, mit der Herstellung von Bouillons. Ich erinnere mich gut an ihren begeisterten Gesichtsausdruck, den sie beim Gedanken an ihre Bouillons hatte.  Vermutlich hielt ich sie für leicht verrückt.

Nun, zwei Jahrzehnte später fabriziere auch ich meine eigenen Bouillons und Auszüge. Da ich aber kein Restaurant führe, belasse ich es hauptsächlich bei Gemüse-, Rinder- oder Hühnerbrühe. (Suppenwürfel habe ich, ich gestehe es, aber immer noch im Küchenschrank.) Für Ledeuil, der nach eigenen Worten 50 bis 70 Liter Bouillon täglich in der Küche seines Restaurants Ze Kitchen Galerie benötigt, ist das natürlich nichts. Zu seinen Grundbrühen zählen gleichfalls Fisch-, Krustentier-, Muschel- und Umamibouillon, aus denen dann wiederum Essenzen gewonnen werden. Weiter geht es mit Suppen, die bei Ledeuil gleichfalls Bouillons genannt werden. Doch die sind nicht das Ziel meiner Neugier, ich koche weder mit Schnecken, Seidenmuscheln noch Seeigeln. Das überlasse ich getrost Ledeuil.

Mein Gwunder besteht vielmehr darin, dem Spitzenkoch beim “gewöhnlichen“ Bouillonkochen über die Schulter zu schauen und zu lernen. Hier lohnt sich die Anschaffung des Buches definitiv. Ledeuil ist wohl der gewissenhafteste Bouillonkoch, den Frankreich zu bieten hat. Einfach mal Gemüse oder ein paar Knochen totzukochen, damit wird man bei ihm wenig Anerkennung finden: Die Zutaten werden in die richtige Grösse geschnippelt, gekocht wird mit der richtigen Betriebstemperatur, nicht zu kurz und nicht zu lange. Es wird gespült, trockengetupft, abgeschöpft, geseiht was das Zeug hält. Überraschend ist Ledeuils Zutatenliste. Der Koch hat oftmals asiatische Ingredienzien in die Rezepte aufgenommen, die seine Bouillons ergänzen, ihnen Eleganz verleihen und sie delikat abrunden. Zitronengras, Galgant, Chili, Kaffirlimetten: Ich hätte sie bisher nicht zu den Grundzutaten meiner Bouillons gezählt, es sei denn, ich hätte es auf eine Tom kha gai abgesehen. (Tom kha gai-Essenzen gibt es im übrigen bei Ledeuil drei Varianten, die je nach Weiterverarbeitung zum Einsatz kommen. Die Geflügel-Tom kha gai wird beispielsweise für die „Kürbisbouillon mit karamellisierten Haselnüssen“ benötigt, ein Rezept, das ich sofort ausprobieren werde, sobald ein Patidou-Kürbis meinen Weg kreuzt. Weiss jemand, wo die zu haben sind?) 

Beim Einkauf nach Ledeuil-Vorlage könnten hierzulande Schwierigkeiten auftauchen, es sei denn, man wohne an einem Ort mit einem breit sortierten Wochenmarkt, auf dem auch Spezialitäten aus dem Kräuterreich, aussergewöhnliche Zitrusfrüchte und erlesenes Meeresgetier zu haben sind. Ansonsten empfehle ich, sich mit der eigenen Phantasie auszuhelfen. 

Also: Den Einkauf gut planen, nicht verzweifeln und dann nichts wie ran an den Suppentopf. 

Titel: Bouillon, 221 Seiten, gebunden

Autor: William Ledeuil, aus dem Französischen von Nicola T. Stuart

Fotografien von Louis Laurent Grandadam,

Verlag: Jacoby Stuart, 2019, http://www.jacobystuart.de

ISBN 978-3-941787-95-7, Fr. 34.–/Euro 25.00

Kurzbeschrieb/-bewertung: Wunderbar bebildertes Kochbuch mit einem Thema: Bouillons. Leidenschaftlicher geht Bouillonkochen kaum. Grund- und weiterführende Rezepte, Grundlagen der Bouillonküche und ausführliche, Zutatenlisten mit Fotos.

Für wen: Gehört in Suppenkaspers Apotheke.

Kein Anfang ohne Wein

Einer anderen köstlichen und zuweilen kostbaren Sache widmet sich die Bloggerin Madelyne Meyer: dem Wein. Jeder, der sich schon mit einem Connaisseur an einem Tisch gesessen ist, weiss, dass man sich beim Getue um eine Flasche vergorenen Traubensaft ganz schön wundern, sich aber gleichfalls beim Palavern über Bouquet, Provenienz und Abgang recht blamieren kann. Madelyne Meyer widmete sich dem Problem. Dabei kam das Buch Endlich Wein verstehen heraus. Es richtet sich an Weintrinker, die bis jetzt einfach mal gerne ein Fläschchen mitgetrunken haben, aber an und für sich kaum Ahnung hatten, was es mit dem ganzen Brimborium rund um das Getränk auf sich hat. Und weil ja nicht jeder dumme Fragen stellen möchte – so in der Art, von welchem Tier die Ledernote im Wein stamme – empfiehlt es sich, die herzhafte, prickelnde Lektüre zu konsumieren. Meyer nimmt uns dabei an der Hand und bricht das komplexe Fachgebiet herunter. Wir lernen die Basics, unter anderem welches Glas für welchen Wein in Frage kommt, welche Weine zu welchen Speisen passen und wie man einen Kater austreibt. Hat man erst das richtige Glas zur Hand, geht es an die Praxis mit Auge, Nase, Mund und Gaumen, jenen Themen also, die das Weinverkosten vergnüglich machen. Und weil Meyer eine Sachverständige ist, der die Worte niemals ausgehen dürfen, wenn es gilt, etwas zu einem Tropfen zu sagen, gibt sie dem Leser ein paar Aussprüche mit, die niemals falsch sein können, so in der Art:

„Noch ein wenig zu jung, macht aber jetzt schon Spass.“

Tja, da nimmt einem doch jeder den Kenner gleich ab. Und hier gleich noch ein paar Adjektive, mit denen Weine auf den Punkt gebracht werden können: muskulös, mehrheitsfähig, knackig, erfrischend oder verschmust. (Mehr davon im Buch.)

Titel: Endlich Wein verstehen, Einfach. Klar. Ungefiltert. 150 Seiten, gebunden

Autorin: Madelyne Meyer

Verlag: at-verlag, 2019, http://www.at-verlag.ch

ISBN 978-3-03902-023-2, Fr. 24.90/Euro 20.00

Kurzbeschrieb/-bewertung: Allerlei Spannendes, Lehrreiches und Komisches über Wein, Weintrinken, Herstellung und Herkunft. Erfrischend und übersichtlich dargestellt, mit mehrheitsfähigen, muskulösen Illustrationen, knackig und erfrischend erzählt. 

Für wen: Weintrinker, die nicht schon die Weinheit mit Löffeln gefressen haben.