Gelegentlich erreichen mich Bücher Freundinnen, die nicht nur Freundinnen sind, sondern eben auch Autorinnen. Aus journalistischer Sicht ist es natürlich etwas zweifelhaft, solche «befreundeten» Bücher zu besprechen, wegen der sogenannten und vielzitierten Objektivität. Nur gut, ist dies hier ein Blog, wo eben Subjektivität ausdrücklich erwünscht ist. Und deshalb sei es mir hier erlaubt, hier die neuen Bücher von Gisela Salge und Barbara Traber vorzustellen.
Land der glücklichen Hühner
lautet der Titel des soeben herausgekommenen neuesten Buches von Barbara Traber. Das Land der glücklichen Hühner liegt nach Trabers Erfahrungen in der Bresse, eine Gegend im Osten Frankreichs zwischen Saône und Doubs. Hier hatte die Familie Traber lange Jahre einen Zweitwohnsitz in einem kleinen Dorf. Wer sich ein Ferienhaus in einem anderen Land mit anderer Sprache kauft, hat meist ganz eigene Vorstellungen davon, was er dort alles erleben möchte und was ihn erwartet. Ein eigenes Paradies, ein Refugium, unverdorbene Menschen in einer ebensolchen Landschaft, ein neues Lebensgefühl, Freundschaften, phantastisches Essen, Inspiration für den Alltag, neue Sprachkompetenzen und dergleichen mehr. Jedenfalls sind die Erwartungen hoch. Manche dieser Träume erfüllen sind, die meisten passen sich nach und nach an die Gegebenheiten an oder weichen einer Enttäuschung. Kommt dazu, dass überall wo es schön ist, auch andere Glückssucher eintreffen. Die heile Welt verändert sich, bekommt Risse. Barbara Traber schaut mit Wehmut und einer Prise Humor zurück auf diese Ecke Frankreichs. Und mit Verständnis und viel Herzenswäre auf jene Menschen, denen sie dort begegnet ist. Viele davon sind «gegangen»: manche Richtung Friedhof, manche anderswohin. Die Dorfbeiz Au bon coin wurde saniert, sprich verschlimmbessert. Die täglichen Wirtshausbesucher haben eine andere Anlaufstelle suchen müssen. Auch die Familie Traber hat ihr Haus neben dem Bon coin wieder verkauft. Man kann aber davon ausgehen, dass die Hühner in der Bresse immer noch ein glückliches Leben führen.
Ferienhauseigner finden hier den Text, den sie schon lange schreiben wollten; Erstwohnsitzer können ihre romantischen Vorstellungen vom «Zweitwohnsitzen» auf ein gesundes Niveau runterholen und werden dabei bestens unterhalten.
Erhältlich im Neptun Verlag, www.neptunverlag.ch, ISBN 978-3-85820-333-5
Geschichten aus dem Überseekoffer
heisst das Buch, das Gisela Salge dieser Tage vorgestellt hat. Auch bei Gisela Salge geht es um Erinnerungen. Geschichten, die sich um die Geschicke einer Kaufmannsfamilie im Norden Deutschlands drehen. Da ist dieses grosse, etwas heruntergekommene Haus namens Weltevreden, wo früher die Familie ein- und ausging. Jetzt ist das Haus mit Blick auf den Fluss heruntergekommen und verlassen, doch die alten Balken, Räume, der Dachboden flüstern die Namen derer, die kamen und gingen. Vier Generationen zogen von hier aus in die Welt – oder schafften es zumindest bis zum Marktplatz. Gisela Salge schaut hinein in ihren fiktiven Überseekoffer, der vermutlich genauso aussieht, wie es damals, als sie ein Kind war, die Überseekoffer auf dem Dachboden ihres Elternhauses taten. Aus den Tiefen dieses Koffers hervor zieht sie ihre Geschichten über eine weitläufige, bunte Verwandtschaft. Menschen, die ihre Geheimnisse haben, Leidenschaften, unglücklichen Schicksale. Beispielsweise Bernhard, der lieber Gedichte schreibt und sich betrinkt, statt sich mit Importen und Exporten herumzuschlagen. Oder Mina, die mit einem Dirigenten bis nach Russland davonläuft.
Erhältlich bei edition pro lyrica, ISBN 978-3-907551-78-3